Wer im Supermarkt seine Flaschen abgibt, kann das Pfand dem Tafelverein spenden


von Adrienne Kömmler

Wer nimmt es mit dem “P” im “Pfand” schon so genau? Beim Sprechen wird es meist einfach nur ignoriert. Und dann klingt es wie “f” wie beim Wort “fantastisch”. Wer also nach dem ersten Blick noch kurz stutzt, versteht die neue Aktion der Berliner Tafel im nächsten Moment sofort: “Pfandtastisch helfen” nennt sich eine Kampagne, deren Titel offenbar aus einem Wortspiel stammt. Gemeint ist eine Spendenaktion, die sich jetzt an Besucher von Supermärkten richtet. Die Berliner Tafel startet damit gegenwärtig in 100 der insgesamt 160 Kaisers-Filialen der Stadt. Die grünen “Charity Boxen”, die von den Ehrenamtlichen Rainer Ulrich und Oliver Jessel montiert wurden, finden Supermarktkunden in entsprechender Filialen an den Automaten, in dem sie ihre Pfandflaschen abgeben. Flaschen rein, Knopfdruck, Pfandbon raus – so funktioniert die Rückgabe. Doch während Kunden sonst an der Supermarktkasse das Pfandgeld kassieren, soll es nun die Möglichkeit geben, den Bon der Berliner Tafel zu spenden. Die Pfandzettel werden in den Aluminiumkästen gesammelt, die etwas kleiner als Briefkästen sind, doch ähnlich funktionieren. Tafel-Mitarbeiter holen den errechneten Wert der jeweils gespendeten Bons ab. Prominente Patin der Aktion ist die Kabarettistin Gabi Decker.

Erste Erfolge zeigten sich bereits während der zurückliegenden Monate in der Charlottenburger Kaisers-Testfiliale am Theodor-Heuss-Platz. Die Kassenleiterin Sandra Schöngarten leert die Box täglich. “Die Aktion wird sehr gut angenommen. Richtig hohe Beträge werden gespendet”, erzählt sie. “Wir waren mit der Resonanz unserer ersten Charity-Box sehr zufrieden”, freut sich auch Mathias Wahler von der Berliner Tafel. Mehr als 500 Euro seien in den drei Testmonaten zusammen gekommen.

Mit “Pfandtastisch helfen” startet die Berliner Tafel nicht die erste Aktion in der Supermarkt-Kette. Kunden kennen bereits Tafel-Helfer, die im Kassenraum verschiedener Kaisers-Verbrauchermärkte stehen, um sie zur Spende zu motivieren. Deutlich zu erkennen sind die Tafel-Mitarbeiter an “Laib und Seele”- Plakaten mit der Aufschrift “Eins mehr!” und den weißen Sammelbüchsen mit ihrem grünen Logo. “Mit dem Kauf eines gut haltbaren Lebensmittelproduktes, das uns nach dem Bezahlen als Spende überlassen wird, helfen uns Käufer und Käuferinnen, Lagerbestände aufzustocken”, erläutert die Vereinsvorsitzende Sabine Werth die “Eins mehr!”-Aktion, die weiterhin parallel zur neuen Pfand-Kampagne läuft. Schließlich basiere die Vereinsarbeit auf Spenden und Beiträgen. Da müssen nicht nur monatliche Lohnkosten, sondern zusätzlich etwa 3000 Euro allein für Benzin, Kosten für 15 Transporter, Telefonkosten, Büromaterial und Miete beglichen werden. So kommen durchschnittliche Monatskosten von insgesamt 25 000 Euro zusammen, die zu einem Drittel aus dem Spendentopf zu bezahlen sind. Um diesen füllen zu helfen, erhofft sich die Berliner Tafel weitere Akzeptanz der Charity-Box von “Pfandtastisch helfen”. Die Neuköllner Aluminium-Firma Lechmann GmbH hat die Berliner Tafel mit der kostengünstigen Produktion der 100 Boxen unterstützt. Der Hornbachmarkt in Berlin-Bohnsdorf stellte Materialen und Gerätschaften für deren Montage kostenfrei zur Verfügung. Das Konzept von “Pfandtastisch helfen” lieferten zwei Studenten, die sich “Sozialhelden” nennen. Raul Krauthausen und dessen Cousin Jan Mörsch gewannen mit ihrem Vorschlag vor zwei Jahren den ersten Preis beim Ideenwettbewerb “Was fehlt in der Welt”. Die Berliner Tafel setzt diese Idee mit ihrer Charity-Box um. Eine kleine Geste mit großer Wirkung: Spender von Pfand-Bons helfen, damit der Verein weiterhin Lebensmittel an etwa 300 soziale Einrichtungen verteilen kann.

Aus der Berliner Morgenpost vom 5. September 2007