Gefunden im Flensburger Tageblatt vom 20. August 2007:

Foto: Rainer Johansen und Raul KrauthausenFlensburg / ky – Es hat etwas mit zurückgeben zu tun. Aber bei den neuen Pfand- oder Charityboxen, die jetzt schon in vielen Supermärkten im Norden des Landes stehen, geht es nicht nur um Pfandbons, die der Kunde an der Kasse einlösen kann. “Bei unseren Boxen kann jeder seinen ausgedruckten Bon einwerfen und spendet so den Pfandbetrag an ein Jugendprojekt – im Moment etwa helfen wir damit Kindern, die sexueller Gewalt ausgesetzt waren”, sagt Reiner Johannsen, Geschäftsführer von Pro Familia in Schleswig-Holstein. Er ist zurzeit auf Werbetour für seine Pfandboxen und das Projekt “Pfandtastisch helfen”, versucht weitere Supermarktketten von seiner Idee zu überzeugen. “Im Gegensatz zu teuren Automaten, bei denen man gleich auf eine Taste drücken kann und so den Betrag quasi unsichtbar spendet, ist das bei uns eine aktive Handlung.” Sein Konzept sei einfacher und günstiger. Die in Skandinavien üblichen Spenden-Pfandautomaten kosteten rund 15 000 Euro, die “pfandtastischen” Boxen nur einen Bruchteil. “Dazu unterstützen die Spender keine Großorganisation, sondern Projekte aus der Region”, so Johannsen. In den ersten 30 Tagen seien schon mehrere hundert Euro zusammengekommen, es gebe Wochen, in denen er in einzelnen Boxen Pfandbons im Wert von 100 Euro finde, so Johannsen.
Entwickelt hat das Automatenkonzept Raul Krauthausen. Der 27-Jährige studiert Werbung an der Universität der Künste in Berlin und ist einer von zwei “Sozialhelden”, wie sich seine Organisation nennt. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, soziale Projekte für Organisationen wie Pro Familia oder die Tafel zu vermarkten. Dabei geht Krauthausen neue Wege. In einer Show castete er etwa Zivildienstleistende, mit der Aktion “BVGeh-Behindert” testete er mit 20 anderen Rollstuhlfahrern, wie behindertengerecht die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind. “Wir haben einfach gesagt: Wir wollen jetzt in den Bus einsteigen, haben eigenen Rampen dabei, also lasst uns mal”, sagt Krauthausen. Die Busfahrer seien sauer gewesen, aber viele Menschen seien “ins Nachdenken” gekommen.

Und genau das sollen auch die Menschen im Norden, die mit ihren nicht eingelösten Pfandbons soziale Projekte unterstützen. “Die paar Cent oder Euro tun vielen Menschen nicht weh, wenn sie sie nicht an der Kasse einlösen – und uns ist sehr geholfen”, sagt Johannsen. Den Supermarkt selbst koste die Aktion nichts. Schon denkt Johannsen an eine landesweite Aktion.

Raul Krauthausen hat derweil weitere Projekte im Kopf. Sein neuestes: Rent a Handicap. “Wir müssen mal davon weg, zu denken, nur der Nicht-Behinderte helfe dem Behinderten”, sagt er. Vor dem Reichstag etwa gebe es immer wieder Schlangen von Besuchern, Rollstuhlfahrer jedoch müssten nicht warten. Krauthausen: “Oder im Tierpark bekommt eine Begleitperson meist freien Eintritt: Wann haben Sie also das letzte Mal die Hilfe eines Behinderten in Anspruch genommen?”

Info: www.profamilia-sh.de oder www.pfandtastisch-helfen.de.